Weidefutter ist ein billiges Futtermittel von hoher Qualität. Die Steigerung der Weidefutteraufnahme kann wesentlich zur Reduktion der Futtermittelkosten in der Milchproduktion beitragen. Die Kenntnis der täglichen Weideaufnahme von Milchkühe (kg TM/Kuh/Tag) sowie auch der Weideertrag pro Fläche (kg T/ha/Jahr) ermöglichen eine tägliche Anpassung der Zufuttermengen und so eine effiziente Nutzung der verfügbaren Weideflächen. Eine visuelle Darstellung der Ergebnisse erzeugt ein intuitives Verstehen des Weidevorgangs und dadurch konkrete Entscheidungen vom Betriebsleiter.
Ein wichtiges Hilfsmittel für eine effiziente Weideführung
Die Aufnahme von Weidefutter kann in der Praxis nie direkt erfasst, sondern nur indirekt geschätzt werden. Viele Methoden wurden vorgeschlagen: (a) Ausgrenzen kleiner Flächen mit Weidekörben, wo dann der Aufwuchs in regelmäßigen Intervallen geerntet und gemessen wird, (b) Messen der verfügbaren Weide zu Weidebeginn und –ende der jeweiligen Parzelle mit dem Rising Plate Meter (cm RPM Narbenhöhe) mit einer Umrechnung der Differenz in aufgenommene Weidemenge, (c) Schätzen der Energie (MJ NEL/ha; VEM/ha) aus der Weideaufnahme durch Abschätzen der benötigten Futterenergie zur Milchprodukten; Subtraktion der Energie aus dem Zufutter; anschließend Umrechnen Energie in Weidemenge (kg TM/Kuh/Tag). Arbeitsaufwand (a; b) oder Komplexität des Verfahrens (c) verhinderten, dass sich diese Methoden in der Praxis durchsetzen konnten.
Im FILL- Weideprojekt (2003-2008) konnte eine Methode entwickelt werden welche ohne großen Arbeitsaufwand bestmögliche Ergebnisse erzielt: Kombination von Futter- und Weidekalender sowie der täglich erzielten Milchleistung.
Die Gesamtfutteraufnahme (IT; kg TM/Kuh/Tag) kann relativ genau bestimmt werden mit der Schätzformel von CHASE and Sniffen :
IT= LG*0.0186+ FPCM*.305
(LG: Lebendgewicht, kg; FPCM: Fett und Protein korrigierte Milch, kg/Kuh/Tag)Die Mengen an Zufutter können erfasst werden (Mischwagen, Transponder,…).
Die Subtraktion der Zufuttermenge von der Gesamtaufnahme ergibt dann die geschätzte Weideaufnahme. Auf das Einzeltier bezogen können größere Rechenfehler auftreten, für den Herdendurchschnitt ist die Genauigkeit erstaunlich hoch (+/- 1 kg TM Weide/K/T), noch höher für den Weidefutteranteil an der Gesamtration (+/- 2 % TM Weide). Bei geringen Mengen an Weidefutter (< 5 kg TM Weide/Kuh/Tag) wird die Weideaufnahme oft unterschätzt.Elektronische Datenverarbeitung mittels eines Tabellenkalkulationsprogramms erstellt Diagramme, welche die Beweidungsintensität des Betriebes beschreiben
Benötigt werden:
Alle benötigten Daten sind leicht zu beschaffen. Disziplin beim Notieren ist erforderlich, da ansonsten wichtige Informationen abhandenkommen könnten.
Einfach und effizient ist und bleibt ein Vordruck in Kalenderform (1 Kolonne pro Tag, 1 Blatt pro Monat)
Die Milchkammer eignet sich als Ablageort für Schreibunterlage, da diese für jedes Melken betreten werden muss. Das Notieren wird schnell zur Routine und der Zeitaufwand ist gering: 5 Minuten pro Tag. Für die Verarbeitung dieser Daten und für die visuelle grafische Darstellung müssen die Daten in ein Tabellenkalkulationsprogramm am PC eingegeben werden. Zwischen dem täglichen Notieren und der Kontrolle der Ergebnisse entsteht so ein Zeitfenster, wodurch auch Rückschlüsse und Maßnahmen verspätet erfolgen.
Eine sofortige Eingabe der Daten am PC ist von Vorteil, da die visuelle Darstellung schon bei der Eingabe generiert wird. Diese zeitnahe Darstellung ermöglicht dann auch sofortige Reaktion des Betriebsleiters. Betriebe mit automatischem Melksystem, welche täglich den Melkvorgang am PC verfolgen sind hier bevorteilt. Der Zeitaufwand ist noch geringer (< 2 Minuten pro Tag).
Eine erste Grafik stellt die tägliche durchschnittliche Gesamtfutteraufnahme der Milchkühe dar, sowie die Mengen der verschiedenen Futterkomponenten. Maximal können im Jahresdurchschnitt 16 kg Trockenmasse pro Kuh und Tag erreicht werden. Die visuelle Darstellung der Aufnahme der verschiedenen Futterkomponenten erlaubt eine gezielte Planung und Anpassung.
Die Reduktion der Zufuttermengen gewährleistet eine hohe Weidefutteraufnahme nach dem Prinzip: zuerst Reduktion der Grassilage (Weide ist immer von besserer Qualität als Grassilage), dann Reduktion der Maissilage und anschließend Reduktion des Kraftfutters.
Eine weitere Anpassung, welche erlaubt die jährliche Weideaufnahme zu steigern ist die Verlängerung der Weideperiode; es sollte so früh wie möglich angefangen werden zu weiden. Früher Weidebeginn verbessert ebenfalls die Grasnarbe. Auch wenn im Herbst der Aufwuchs gering ist und Qualität der Weide oft nicht mehr optimal, so wirkt sich doch eine angepasste Beweidung positiv auf Futterkosten und Tiergesundheit aus.
Die Milchleistung ist ein wichtiger Indikator für viele Milchviehbetriebe. Dieser sollte daher mitbetrachtet werden, wenn eine Futterumstellung erfolgt, und der Weideanteil erhöht wird. Die Abbildung 2 zeigt die tägliche durchschnittliche Milchleistung abhängig vom Weideanteil in der Gesamtration. Die gestrichelte rote Linie beschreibt die durchschnittlich mögliche Milchleistung in Relation zur Weideaufnahme. Leistungen nahe dieser Linie sind als gut zu bewerten. Positionen im Diagramm links oberhalb dieser Linie sind auf Dauer nicht haltbar. Bei einer Position rechts unterhalb dieser Linie kann die Weideaufnahme durch Reduktion des Zufutters problemlos gesteigert werden ohne wesentliche Veränderung der Milchleistung. Die Abbildung macht deutlich, dass Weideanteile von 50 % der Gesamtration eine Milchleistung von 28 kg/Kuh/Tag ermöglichen.
Jeder Punkt im Diagramm beschreibt die Situation des Betriebes an einem bestimmten Tag. Die unterschiedlichen Farben unterscheiden die Hauptweidemonate, die kleineren schwarzen Punkte der restlichen Weidetage.Im Diagramm kann man deutlich die Monate April und Mai durch ihre höhere erzielte Milchleistung erkennen. Der Milchleistungsabfall in den folgenden Monaten ist wetterbedingt (kalt und nass).
Der Futterkalender erlaubt ebenfalls die täglichen Weideaufnahmen zu kumulieren und einen gesamten Weideertrag für die verschiedenen Flächen des Betriebes zu rechnen. Die Kenntnis der Erträge erlaubt ebenfalls eine bessere Planung: schlechte Weiden können so verbessert werden und die Düngung kann dem Ertrag angepasst werden.
Werte höher als 6000 kg TM Weideaufnahme pro ha sind als hoch zu bezeichnen, besonders für das her schwierige Jahr 2013. Die Parzellen P5, P6, P7, P9, P10 sind im Frühjahr geschnitten worden (Silage).
Die Weidehaltung sollte helfen die Milchproduktionskosten zu senken, da Weidefutter günstiger ist als Konservenfutter. Abbildung 4 zeigt den Einfluss des Weideanteils auf die Gesamtfutterkosten der Milchproduktion (in €/kg Milch). So kann man erkennen, dass bei einer Leistung von 22 kg/Kuh/Tag die Futterkosten von 18cts/kg Milch (100 % Stallhaltung) auf 10 cts/kg Milch gesenkt werden können bei einem Weideanteil von 60%.
Kennt man den Weideanteil der Ration (Weide- und Futterkalender) und die einzelnen Futtermittelpreise kann man in Diagramm Linien für die geschätzten Futtermittelkosten einzeichnen. Fügt man die täglichen Positionen des Betriebes hinzu (rote Punkte), erkennt man wie eine Steigerung der Weideaufnahme sich positiv auf die Kosten auswirkt.
Formblätter und Excel- Programm können unter henri.kohnen@education.lu bezogen werden. Betriebsspezifische Anpassungen sind gegebenenfalls notwendig.